Für die IT-Branche hat das e-Invoicing ein sehr breites Anwendungsspektrum... es entsteht ein neuer Markt. Heute sind nur 10 % der Rechnungen echte elektronische Rechnungen. Mit der hybriden Rechnungsstellung (PDF) oder mit Scan-Lösungen erarbeitet die IT-Branche Teillösungen, die die Hindernisse umgehen.
Die Entwicklung des rechtlichen Rahmens und die Bemühungen der öffentlichen Behörden schaffen eine neue Realität. Als IT-Profi sollten auch Sie sich beteiligen: Entwickeln Sie Ihre bestehenden oder neuen Fakturierungstools unter Berücksichtigung der Peppol-Spezifikationen. Und besser noch: Tragen Sie zur Verbesserung des Peppol-Rahmens bei, indem Sie sich in diese Gemeinschaft aus begeisterten Fachleuten einbringen.
Warum hat das e-Invoicing so lange stagniert?
Die Agentur für administrative Vereinfachung (ASA) misst in Belgien regelmäßig die Akzeptanzquote der elektronischen Rechnungsstellung. Obwohl die Menge der PDF-Rechnungen stetig steigt, stagniert das e-Invoicing seit mehreren Jahren bei rund 10 %.
Diese Trägheit führt zu einer Reihe von Hindernissen, die nach und nach einzeln beseitigt werden.
1. Rechtliche Unsicherheit
Sehr lange Zeit waren Papierrechnungen rechtlich viel sicherer als elektronische Rechnungen. Mit einer elektronischen Rechnung war das Risiko hoch, nicht bezahlt zu werden, was die Partner zwang, spezifische zweiseitige Vereinbarungen zu treffen. Dies lohnte sich jedoch nur für große Rechnungsmengen.
Wie in Punkt 4 der 5 Irrtümer zum e-Invoicing erklärt, hat die Richtlinie (2010/45/EU) zum Mehrwertsteuersystem alle Rechnungsarten gleichgestellt. Nur die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts (bei Umwandlungen) und die Lesbarkeit (durch den Empfänger) sind relevant. Ein großer Fortschritt!
2. Erste Schritte: Die Dominanz des Branchenmodells
Wie im Artikel über die Herausforderungen für Unternehmen erläutert, war es das massive Outsourcing der Nebenaktivitäten großer Unternehmen, das in den 90er Jahren zum e-Invoicing führte. Diese Strategie hatte einen deutlichen Anstieg der Einkäufe und damit auch der Rechnungen zur Folge. Der elektronische Datenaustausch (EDI) erlaubte eine Automatisierung der administrativen Abwicklung, was auch den Unternehmen erhebliche Effizienzsteigerungen einbrachte.
Diese ersten Schritte verursachten eine starke Fragmentierung der angebotenen Lösungen, die jeweils auf die Bedürfnisse eines Sektors oder einer bestimmten Gruppe zugeschnitten waren. Für große Unternehmen stellt diese Fragmentierung kein wirkliches Problem dar: 80 % der Rechnungen sind branchenspezifisch. Ganz anders sieht es jedoch bei den KMU und den öffentlichen Behörden aus, die 80 % der branchenübergreifenden Rechnungen erhalten. Diese beiden Marktsegmente verarbeiten viermal so viele Rechnungen wie die großen Unternehmen. Das Branchenmodell kann deshalb als „Effizienzfalle“ bezeichnet werden, denn es wirkt sich trotz aller Vorteile negativ auf das Wachstum des e-Invoicings aus.
3. Fragmentierte Netzwerke und Mehrwertnetze (VANs)
Anfang der 90er Jahre steckte das Internet noch in den Kinderschuhen. Die Verbindung von Maschinen war ein gewaltiges Unterfangen, mit einer Vielzahl von Modellen, hohen Implementierungskosten...
In Kombination mit EDI hat diese Komplexität zur Entstehung vieler Mehrwertnetze („Value Added Networks“ – VANs) geführt, die sich auf die Vernetzung der Partner konzentrieren.
Um sich vor den Mitbewerbern zu schützen, haben diese Anbieter kommerzielle Angebote (Geschäftsmodelle) entwickelt, die ihre Kunden ermutigten, neue Geschäftspartner zu finden, was den Austausch mithilfe der Lösungen von Drittanbietern eher kostspielig und riskant gestaltet. Das Ergebnis: Unternehmen, deren wichtigste Handelspartner andere Plattformen verwenden, sind gezwungen, diese Plattformen ebenfalls zu nutzen und sich zu integrieren. Diese Komplexität und die damit verbundenen exzessiven Kosten blockieren ebenfalls das Wachstum der elektronischen Rechnungsstellung.
Lösungen zur weiteren Verbreitung des e-Invoicings
Es wurden verschiedene Fortschritte erzielt. Auf rechtlicher Ebene sind Papierrechnungen und e-Invoicing jetzt völlig gleichgestellt, vorausgesetzt, man kann den Empfänger identifizieren, die Integrität des Inhalts zertifizieren und die Lesbarkeit für den Empfänger gewährleisten. Rechtlich betrachtet gibt es also keinen Grund, Papierrechnungen vorzuziehen.
Auf technischer Ebene ist es etwas differenzierter. Die Branche hat Teillösungen entwickelt, die die Dinge vorantreiben. Die öffentlichen Behörden ihrerseits haben Maßnahmen ergriffen, die neue Möglichkeiten eröffnen. Peppol steht am Schnittpunkt dieser zwei Wege zur Generalisierung des e-Invoicings.
1. PDF, das Hybridmodell
Die unstrukturierte Rechnung (im PDF-Format), die üblicherweise per E-Mail versendet wird, ist eine einfache und für jeden zugängliche Möglichkeit, Rechnungen zu digitalisieren. Für den Verkäufer ist es einfach, Rechnungen zu erstellen und zu versenden, Kanal und Format werden von den meisten Käufern akzeptiert.
Es sind jedoch zwei große Nachteile damit verbunden:
- Für den Verkäufer: Zahlungsverzug durch die große Menge an verlorenen Rechnungen (aufgrund der Schwäche des E-Mail-Kanals).
- Für den Käufer: Das Fehlen automatischer Prozesse, das ihn zwingt, diese Rechnungen manuell zu verarbeiten, wodurch ihm der größte Teil der möglichen Einsparungen durch das e-Invoicing vorenthalten bleibt.
Das seit 2010 beobachtete stetige Wachstum von PDF-Rechnungen (durch die Mehrwertsteuer-Richtlinie) ist daher eine zugleich gute und schlechte Nachricht. Es führt zu Einsparungen, vermeidet jedoch den Wechsel zu einem sehr viel effizienteren Modell. Es stellt damit eine weitere „Effizienzfalle“ dar.
2. Scannen: kostspielig, aber universell einsetzbar
Angesichts der Stagnation von Papierrechnungen haben die Softwarehersteller und IT-Dienstleister eine Reihe von Lösungen zum Scannen von Rechnungen entwickelt. Bei diesen Lösungen werden Papierrechnungen (oder PDFs) in strukturierte Daten umgewandelt, die automatisch verarbeitet werden können.
Auch hier gibt es einige Nachteile:
- Entwicklung und Verwendung dieser Module sind sehr teuer (und damit auch ihr Kauf)
- Sie erfordern eine Konfigurations-/Lernphase
- Sie sind alles andere als unfehlbar: Sie werden oft nur als einfache Eingabehilfe verwendet und vermeiden damit nicht die manuelle Verarbeitung der meisten Rechnungen.
3. XML, UBL: neue Datenbanken, zugänglichere Syntaxen
Die EDI-Technologien wurden vor dem Aufkommen des Internets entwickelt. Das Internet hat jedoch beachtlich zur Entwicklung von alternativen Technologien beigetragen, die auf dem Konzept der eXtensible Markup Language oder XML basieren. Seine häufigste Verwendung, HTML oder HyperText Markup Language, ist eine der Hauptgrundlagen des World Wide Webs. XML hat viele weitere Anwendungsbereiche, was dieser Technologie eine Reichweite und Beliebtheit verleiht, die weit über die des elektronischen Datenaustausches (EDI) hinausgeht. Es ist also ein weiterer wesentlicher Schlüssel zur Demokratisierung und weiteren Verbreitung des e-Invoicings.
Anstelle von EDIFACT, der EDI-Syntax, wird jetzt die Universal Business Language oder UBL verwendet, eine XML-Anwendung, die eine Beschreibung von Geschäftsdokumenten wie z. B. Rechnungen ermöglicht. Es handelt sich um eine Syntax: um einen Satz klar definierter „Worte“. Einige europäische Länder verwenden UN/CEFACT, eine weitere XML-Syntax, die jedoch in Belgien nicht sehr weit verbreitet ist.
4. Die europäische Norm für die elektronische Rechnungsstellung: eine klare und vollständige Semantik
Seit 2017 ist die europäische Norm für die elektronische Rechnungsstellung zum branchenübergreifenden Standard geworden. Eine Rechnung in diesem Format kann unabhängig vom Aussteller von jedem Unternehmen und jeder Behörde gelesen werden.
Sobald die IT-Branche diese Norm selbst in die Hand nimmt, ist zu erwarten, dass Softwareprogramme für ein- und ausgehende Rechnungen in die Verarbeitung integriert werden und sich das e-Invoicing weiter verbreiten kann.
5. Peppol
Seit 2012 bietet das Peppol-Framework eine Reihe von Spielregeln, anhand derer all diese Softwareprogramme zur Rechnungsstellung gemeinsam über das Netz des VAN-Sektors (mittlerweile zu „Service Provider“ umgetauft) arbeiten können.
2012 organisierte Peppol einen branchenübergreifenden Austausch in einem Format, das in einer eingeschränkten Arbeitsgruppe (CEN BII) definiert wurde. Da dieses Vorläuferformat nicht die Gültigkeit einer Norm hatte, wurde es ab 2019 selbstverständlich durch die europäische Norm ersetzt.
Mit einer Software, die die Bedingungen des PEPPOL-Frameworks erfüllt, können Unternehmen und Institutionen Rechnungen mit jedem beliebigen Handelspartner austauschen. Das Peppol-Rahmenprogramm ist also eine Garantie für die Softwareanbieter und IT-Dienstleister, die Hindernisse der Vergangenheit überwinden zu können, die den Austausch zwischen den Plattformen behinderten.
... und da sein Umfang weit über Belgien hinaus reicht, ist der Austausch überall in Europa perfekt abgedeckt! Der Markt ist also riesig.
6. e-Invoicing-Richtlinie
Die Richtlinie 2014/55/EU verlangt, dass alle Auftraggeber in Europa elektronische Rechnungen entsprechend der europäischen Norm erhalten. In gewisser Weise bietet sie der IT-Branche einen Markt, der an qualitativ hochwertigen, branchenübergreifenden e-Invoicing-Lösungen interessiert ist. Damit eröffnet der Markt zum Ausstellen elektronischer Rechnungen der IT-Branche gleichsam auch den gesamten B2B-Markt.
Beteiligung an der e-Invoicing-Entwicklung?
Sie sind am Zug! Es gibt zahlreiche Lösungen, aber sie reichen bei weitem nicht aus, um den riesigen Bedarf unserer Unternehmen und Institutionen zu erfüllen. Es sind Entwicklungen und damit auch Investitionen notwendig. Der Markt ist groß und diversifiziert, Effizienz ist in Reichweite. Es gibt so viele Garantien für die Branche.
Warum schließen Sie sich nicht zunächst der Peppol-Gemeinde an? Peppol besteht nicht einfach nur aus Richtlinien. Peppol ist auch und vor allem eine Gemeinschaft, in der all diejenigen zusammenkommen, die der IT-Sektor und seine Kunden als e-Invoicing-Fachleute bezeichnen. Führende Player wie IBM, SAP, GS1, Basware, Edicom und viele andere sind bereits dabei. Jede Woche kommen neue Akteure hinzu und bereichern die dort stattfindenden Diskussionen. Über diese Gespräche wird auf der Website peppol.eu und in den sozialen Netzwerken ausführlich berichtet
Für alle Unternehmen, die Software und/oder Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem e-Invoicing entwickeln, sind Interesse und Teilnahme an der Arbeit der Peppol-Gemeinschaft ein sinnvoller Ansatz, der ihnen wichtige Informationen verschafft. Dies könnte so zur weltweiten Effizienz des Handelsverkehrs beitragen. Eine Teilnahme erlaubt es auch, alle VIPs dieser Branche zu treffen, und letztendlich wird es so auch möglich, Software und Dienstleistungen an das Peppol-Framework anzupassen und dem Markt auf diese Weise die kompatibelsten Lösungen anzubieten. Wenn Sie mitmachen möchten, werden Sie einfach Mitglied der NPO OpenPeppol, der Organisation, die die globale Koordination innerhalb der Community sicherstellt.